In diesen Tagen befinden sich zwei Vorhaben für den Radverkehr auf ihrem Weg durch die Gremien: Sowohl die Klarenthaler Straße als auch die Hochheimer Straße werden umgestaltet, Radspuren sicherer gestaltet und zuweilen Busspuren geschaffen. Als am 21. Juni beide Pläne im Magistrat beschlossen wurden, veröffentlichte die Stadt Wiesbaden eine entsprechende Pressemitteilung.

Die Radstreifen entlang der Klarenthaler Straße in der Innenstadt und der Hochheimer Straße in Kostheim sollen ausgebaut werden, um die Verkehrssicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer zu erhöhen. (…) Für die Maßnahmen Klarenthaler Straße und Hochheimer Straße sind Kosten in Höhe von rund 984.000 Euro beziehungsweise 906.000 Euro vorgesehen.

Pressemitteilung der Stadt Wiesbaden, 21.06.2022

Die Pressemitteilung fand beispielsweise bei wiesbadenAktuell oder dem Wiesbadener Kurier ihren Anklang. Der Tenor blieb in beiden Fällen unverändert: Maßnahme zur Verbesserung des Radverkehrs, Kosten jeweils rund eine Million Euro. Auch die offiziellen Sitzungsvorlagen lassen mit ihren Titeln („Klarenthaler Straße – Aktualisierung Radverkehrsanlagen“ bzw. „Hochheimer Straße – Einrichtung einer Radverkehrsanlage„) auf den Radverkehr als Verursacher der Kosten schließen. Finanziert werden sie auch ganz oder teilweise aus Radverkehrsmitteln, die sich unter anderem aus dem Garagenfonds speisen.

Die erheblichen Kosten haben in beiden (und weiteren) Fällen allerdings andere Ursachen. Denn Straßenmarkierungen und Schutzelemente sind vergleichsweise günstig. Zum Vergleich: Die Radverkehrsanlage in der Willy-Werner-Straße kostete knapp 45.000 Euro, die kürzliche und recht umfangreiche Neumarkierung der nördlichen Schwalbacher Straße knapp 90.000 Euro. Schon die enorme Summe von knapp 1 Million Euro sollte hier Nachfragen aufwerfen.

Die 906.000 Euro für die Umgestaltung der Hochheimer Straße werden aus dem Radwegeprogramm finanziert. Die Radverkehrsanlagen, die dort eingerichtet werden, bestehen im Wesentlichen aus neuen Straßenmarkierungen und umsortierten Fahrspuren. Hinzu kommen einige, neue Radbügel – ansonsten kein Hinweis in der Berichterstattung auf die Ursache der hohen Kosten. Offenbar aber auch keine Nachfragen.

Aus dem Plan der Hochheimer Straße: Der grün schraffierte Bereich wird neu asphaltiert – finanziert aus dem Radwegeprogramm.

Erst ein Blick in die Dokumente im PiWi offenbart: Im Rahmen der Umgestaltung werden insgesamt 4.900 m² Straße neu asphaltiert. Betroffen sind davon die beiden Kreuzungen Hochheimer/Uthmann/Hallgarter Straße sowie Hochheimer/Admiral Scherer/Kasteler Landstraße. Das mag notwendig sein – und gleichermaßen sinnvoll, beide Maßnahmen zu kombinieren. Das aus den Radverkehrsmitteln zu finanzieren und dann nicht entsprechend zu kommunizieren, hinterlässt aber den falschen Eindruck: Der Radweg hier würde 900.000 Euro kosten.

Bei der Klarenthaler Straße schaffte es die Ursache der hohen Gesamtkosten immerhin in eine nebensächliche Erwähnung in die Pressemitteilung: Tatsächlich werden in der Klarenthaler Straße zwei Kreuzungen barrierefrei umgebaut. Das Pflaster wird erneuert, taktile Elemente verlegt und Ampelmasten versetzt.

Aus dem Lageplan der Umgestaltung der Klarenthaler Straße: Sowohl die Kreuzungen Elsässer Platz sowie Elsässer Straße werden umfangreich erneuert. Mit dem Radverkehr hat das aber direkt nicht viel zu tun.

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mathias

Aufgewachsen in Berlin, seit über einem Jahrzehnt Wahl-Wiesbadener. Eigentlich Nordost, im Herzen aber Westend. Regelmäßiger Radler und Carsharing-Nutzer, (zu häufig) auch E-Scooter. Ehem. Verkehrsplaner (SGV). Faible für Daten, Karten und Grafiken.

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