Viele Leute neigen dazu, die Kosten der eigenen Mobilität drastisch zu unterschätzen. Forscher des Leibniz-Instituts haben herausgefunden, dass die meisten Deutschen die tatsächlichen Kosten Ihres Autos unterschätzen. Im Schnitt schätzten diese die Kosten nur halb so hoch ein, wie diese tatsächlich sind: 204 EUR statt tatsächlichen 425 EUR. (Von den nicht eingepreisten, externen Kosten fangen wir lieber gar nicht erst an…). Vermutlich liegen wir alle daneben.

Unterschätzte Kosten

Doch das Auto ist natürlich nicht der einzige Kostenfaktor: Auch das Fahrrad kostet Geld, der ÖPNV, Ausflugsfahren, Flüge, Züge. Viele Ausgaben verteilen sich über das Jahr, fallen kaum auf und gehen gehen unter. Von Sprit bis Zugtickets, von Parkplatzgebühren zu Versicherungen, von E-Scootern über Knöllchen bis zu Ersatzteilen fürs Rad. Unterm Strich summiert sich das persönliche Mobilitätsbedürfnis durchaus auf stolze Summen.

Grund genug, ein Mal genau hinzuschauen: Wie viel kostet meine persönliche Mobilität mich eigentlich? Digitale Kontoauszüge machen es möglich. Zahlen, Tabellen, Diagramme: Wie ich sie liebe. Das gläserne Ich.

Tatsächlich überraschte mich die Zusammenstellung an zwei Stellen massiv: Die tatsächlichen Ausgaben fürs Carsharing und für E-Scooter lagen deutlich über den gefühlten.

2020 – kein typisches Jahr

Das letzte Jahr ist womöglich kein wirklich repräsentatives Jahr. Corona schränkte die Mobilität deutlich ein – inwiefern die Summe also aussagefähig ist, sehen wir nächstes Jahr.

1.654,93 EUR

Meine persönlichen Ausgaben für die Mobilität in 2020.

Die Mobilitätsausgaben letztes Jahr sind allerdings nicht nur Corona-geprägt. Zwei weitere Projekte hinterließen ihre Spuren: Ein sehr fernzuglastiger Urlaub in Ost- und Südosteuropa am Jahresanfang und der Wahlkampf rund um die CityBahn in Wiesbaden. Letzterer führte zu einer häufigeren Nutzung des CarSharings. Material für Infostände und Veranstaltungen sowie Plakat-Aufhäng- und Abhängaktionen waren sind zuweilen nur mit Auto zu schaffen.

Ausgaben nach Verkehrsmittel

Hinter den 1.654,93 EUR liegt eine Vielzahl verschiedener Verkehrsmittel: Auto, Flugzeug, der ÖPNV, das Fahrrad, das Kanu im Lahntal, Taxen, E-Scooter und Fernzüge.

Die Kostenstruktur unterscheidet sich massiv von der Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsmittel – doch dafür verweise ich auf den Nachbarartikel zu meinem persönlichen Modal Split.

Fairerweise seien noch zwei Informationen gegeben: Durch den Job habe ich ein Ticket, durch welches die Nutzung des ÖPNVs im rmv-Gebiet keine weiteren Kosten verursacht. Außerdem komme ich durch die Internationale Ermäßigungskarte für Eisenbahnpersonal (kurz: FIP-Ausweis) im Ausland an deutlich günstigere Zugtickets – das sollte beim Urlaub eine signifikante Rolle spielen.

Railtrip: Der Weg ist das Ziel

Mit 453,20 EUR zeichnete sich der Urlaub am Jahresbeginn für rund ein Viertel meiner Ausgaben verantwortlich. Insgesamt acht Fahrten in Regional-, Fern- und Nachtzügen durch Ost- und Südosteuropa kosteten insgesamt 170,50 EUR – gar nicht so schlecht für insgesamt 2.570 Kilometer. (Danke an mahrko, durch dessen blog ich auf das Tool BRouter zum Ermitteln von Schienenkilometern aufmerksam wurde.)

Der Nachtzug von Belgrad nach Podgorica war günstiger als ein Hostel. Muss man wollen – dafür entschädigt die malerische Bahnstrecke durchs Dinarische Gebirge. In nun Stunden gehts durch 254 Tunnel und über 243 Brücken.

Zwei Flugtickets summierten sich auf knapp 250 EUR. 150 EUR davon hab ich trotz corona-bedingter Absage des Fluges bis heute nicht wieder gesehen – dafür gabs einen Reisegutschein von Air Montenegro. Yay!

Überraschende Erkenntnisse

Die Ausgaben fürs Fahrrad lagen – trotz dessen großer Bedeutung in meinem Verkehrsverhalten – erwartungsgemäß niedrig. Insgesamt 181 EUR, also knapp 15 Euro im Monat, kosteten mich die Zweiräder. Der Großteil davon floss in Instandhaltung und neue Teile – für mein 30 Jahre altes Velo gar nicht schlecht.

Einem dreißig Jahre alten Fahrrad darf man auch mal neue Ritzel spendieren.

Das meinRad-BikeSharing, bei dem ich eher aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit noch Abokunde bin, addierte nochmal 46 Euro für das ganze Jahr.

Dank der von flinkster ebenfalls angebotenen Cabrios ließ sich das Taunussteiner Autokino umso besser genießen.

Die Ausgaben fürs Autofahren summierten sich auf insgesamt knapp 750 EUR. Abgesehen von 15 Euro für ein Knöllchen freute sich flinkster (Carsharing) über dieses Geld. Abgerechnet wird hier zweiwöchentlich. Und neben einer Reihe Wochen, in denen ich überhaupt kein Auto brauchte (und ergo 0,00 EUR zahlte), schwankten die Einzelrechnungen zwischen 5,10 EUR im September und 171 EUR im Oktober.

Diese im Schnitt 72 EUR im Monat (für alle autobezogenen-Kosten!) ist rund ein Sechstel dessen, was der ADAC an Vollkosten für beispielsweise einen VW Polo ansetzt. Fünf Sechstel Geld (die örtliche Gastro freute sich) und viele Nerven gespart und dennoch mit einer ganzen Bandbreite an Autos unterwegs: Vom Kleinwagen über den Kombi für den Großeinkauf bis zum Cabrio fürs Taunussteiner Autokino.

Eine ungelogen schockierende Wahrheit offenbarte sich bei den Ausgaben für die E-Scooter von TIER und Lime. Gefühlt nutzte ich die nur sporadisch, hier und da mal für kurze Strecken. Kostet ja nicht viel und ist witzig. Der Kontoauszug belehrte mich aber eines besseren.

Im Verlauf des Jahres 2020 summierten sich die Scooter-bezogenen Ausgaben auf perverse 221,85 Euro. Ja, ich habe deutlich mehr Geld für kurze Scooter-Fahrten in Wiesbaden ausgegeben als für die über 2.500 Kilometer Zugfahrten durch Europa. Das wird sich dieses Jahr ändern. Da hilft auch nicht, dass ich durch die Einführung der Scooter faktisch keine Taxen mehr nutze.

Kategorien: Logbuch

mathias

Aufgewachsen in Berlin, seit über einem Jahrzehnt Wahl-Wiesbadener. Eigentlich Nordost, im Herzen aber Westend. Regelmäßiger Radler und Carsharing-Nutzer, (zu häufig) auch E-Scooter. Ehem. Verkehrsplaner (SGV). Faible für Daten, Karten und Grafiken.

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Andreas

Die 150 € für den Gutschein von Montenegro Arlines kannst Du getrost abschreiben, die Fluggesellschaft wurde aufgelöst: https://www.aerotelegraph.com/regierung-schliesst-montenegro-airlines
Ich bin einmal Frankfurt – Podgorica (mit der Fokker 100) und zurück (mit der Embraer 195) geflogen. Die Flüge waren immer so günstig, dass die Fluggesellschaft über 20 Jahre pro Jahr zwischen 2 und 16 Mio € Verlust angehäuft hat. Das wurde damit gerechtfertigt, dass die günstigen Ticktes Touristen nach MNE bringen. Immer wurde spekuliert, dass gut dotierte Posten geschaffen wurden. Die letzten Jahre hat die Regierung noch 35 Mio € nachgeschossen, nach dem Regierungswechsel wurde nun die Reißleine gezogen.
Auch ein Beitrag zum Thema reale Kosten des (Flug-)Verkehrs.

[…] nach wie vor erschreckendste Kostenblock sind die E-Scooter – wie auch schon zwei Jahre zuvor. Nicht jeder Neujahrsvorsatz gelingt; die entsprechenden Apps der vier Wiesbadener Anbieter sind […]

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