Nach der Einrichtung der Umweltspur auf dem 1. Ring kam es an der Kreuzung am Landeshaus wiederholt zu Unfällen und noch öfter zu gefährlichen Situationen. Ursache hierfür waren abbiegende Fahrzeuge, die beim Rechtsabbiegen die geradeaus führende Umweltspur kreuzen mussten. Sowohl Rechtsabbieger als auch Umweltspur hatten gleichzeitig Grün.

Status Quo und resultierende Probleme

Während solche Konstellationen an anderen Kreuzungen in Wiesbaden schon geraume Zeit gut funktionieren (beispielsweise in der Schwalbacher Straße Fahrtrichtung Süden, Höhe Platz der Deutschen Einheit), stellte sich dieser Gewöhnungseffekt am Landeshaus auch nach baulichen Änderungen nicht ein. Konsequenz: Die kurzfristige, dauerhafte Sperrung der Rechtsabbiegemöglichkeit auf dem 1. Ring Richtung Biebricher Allee.

Damit bleiben den Fahrzeugen auf dem 1. Ring aus Richtung Norden kommend wenig praktikable Möglichkeiten, auf die Biebricher Allee zu fahren: Sei es über Mainzer/Schiersteiner Straße und den 2. Ring, über das Wohngebiet am Gutenbergplatz oder per U-Turn am Hauptbahnhof.

Der ursprüngliche Status Quo nach Einführung der Umweltspur: An der Kreuzung am Landeshaus kam es widerholt zu Unfällen, als rechtsabbiegende Fahrzeuge die Umweltspur kreuzten.

Diese Verkehrsführungen sind bei derzeitigem Verkehrsaufkommen vom Ring auf die Biebricher Allee nachteilig und nicht erstrebenswert – eine Lösung allerdings verzwickt. Wir haben daher als Diskussionsgrundlage einige, mögliche Lösungen erdacht, Vor- und Nachteile zusammengefasst und möchten diese mit euch diskutieren.

Der Artikel und die vorgestellten Vorschläge bauen dabei auf diesen Thesen auf:

  • Die Umweltspur als solches wird nicht infrage gestellt, weil sie besonders dem Busverkehr zu spürbar mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit verhilft.
  • Der Status Quo des gesperrten Rechtsabbiegers ist unbefriedigend, weil es keine praktikable Verbindung zwischen dem (aus Richtung Sedanplatz kommenden) 1. Ring und der Biebricher Allee gibt.
  • Der Status vor dem Status Quo war unzureichend, da die Kreuzung in der ausgeführten Gestaltung zu wiederholten Unfällen führte.
  • Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Fünf Varianten

Grundsätzlich lassen sich mehrere Werkzeuge zur Lösung anwenden – teilweise auch in Kombination miteinander. Dazu gehören eine veränderte Spurführung, eine veränderte Signalisierung oder eine kreuzungsübergreifende Veränderung der Abbiegemöglichkeiten.

Option A: Partielle Aufgabe der Umweltspur

Option A: Die Umweltspur zwischen Gutenbergplatz und Am Landeshaus ist unterbrochen.
Blau: Umweltspur. Grau: MIV-Spuren.

Die Gefährdungen entstanden durch rechtsabbiegende Fahrzeuge, weil diese die (gleichzeitig grün-habende) Umweltspur kreuzten. In Option A wird die Umweltspur auf dem Abschnitt Gutenbergplatz bis „Am Landeshaus“ wieder abgeschafft und zu einer Mischspur Auto (Rechtsabbieger) und Bus/Rad (Geradeaus).

Vorteile

  • Möglich ohne Veränderung der Ampelanlagen

Nachteile

  • Umweltspuren nicht mehr durchgehend, was zur Senkung der Attraktivität Bus- und Radverkehr führt
  • Lösung erschafft neue Konfliktpunkte an vorheriger Kreuzung, wenn Autos & Busse/Räder parallel in die Kreuzung einfahren und auf dieselbe Spur wollen.

Option B: Getrennte Signalisierung auf dem Ring

Option B: Umweltspur und MIV-Spuren am Landeshaus werden getrennt signalisiert – die Spurführung bleibt sonst gleich.
Blau: Umweltspur. Grau: MIV-Spuren.

In dieser Variante werden MIV-Spuren und Umweltspur getrennt signalisiert – heißt, es wird eine separate Bus-/Radampel nötig, wie sie an vielen anderen Kreuzungen schon angebracht ist. Da es keine separate Rechtsabbiegerspur der Autos gibt, haben auch geradeausfahrende Autos rot, wenn Busse und Rad grün haben. Busse und Räder haben im Gegenzug Rot, wenn die Autos Grün haben.

Vorteile

  • Möglich ohne Veränderung der Spurführungen

Nachteile

  • Sehr lange Rotphasen für sowohl Bus- als auch den Individualverkehr.
  • Gefährliche Situationen können weiter entstehen, wenn Busse/Räder irrtümlich die MIV-Ampeln als maßgebend ansehen.

Option C: Rechtsabbiegerspur an Kreuzung „Am Landeshaus“

Option C: Die Umweltspur bleibt, der 1. Ring bekommt zum „Am Landeshaus“ eine eigene und getrennt signalisierte Rechtsabbiegespur. Dadurch verbleibt eine geradeaus-Spur.
Blau: Umweltspur. Grau: MIV-Spuren. Gelb: Veränderte Spurführung.

Die Schwächen der Option B können behoben werden, indem die Kreuzung „Am Landeshaus“ eine separate Rechtsabbieger-Spur bekommt. Damit wird es möglich, rechtsabbiegende Autos getrennt mit einer abbiegenden Ampel zu signalisieren – diese könnten dann beispielsweise Grün bekommen, wenn der Verkehr aus der Straße „Am Landeshaus“ Richtung Moritzstraße ebenfalls Fahrt hat.

Vorteile

  • Die separat signalisierte Rechtsabbieger-Spur verhindert gefährliche Situationen
  • In vorhandene Ampelphasen integrierbar

Nachteile

  • Mit der separaten Rechtsabbiegespur verbleibt nur eine Geradeaus-Spur auf dem Ring – zu wenig für das aktuelle Verkehrsaufkommen
  • Die einzig verbleibende Geradeaus-Spur wird zusätzlich durch mögliche Linksabbieger (1. Ring > Moritzstraße) eingeschänkt.

Option D: Verlegung des Abbiegers an die Biebricher Allee

Option D: Der 1. Ring bekommt an der Kreuzung zur Biebricher Allee einen separaten Rechtsabbieger, am Landeshaus ist Rechtsabbiegen nicht mehr möglich. Mit Eingriff in den Mittel-Grünstreifen könnten vermutlich zwei geradeaus-Spuren erhalten bleiben.
Blau: Umweltspur. Grau: MIV-Spuren. Hellgrau: Nicht mehr benötigte Spur. Gelb: Veränderte Spurführung.

Wie oben dargestellt sprechen die Platzverhältnisse an der Kreuzung zum Landeshaus gegen eine separate Rechtsabbiegerspur. Anders verhält sich das aber eine Kreuzung weiter.

Der Grünstreifen zwischen 1. Ring und der ersten Baumreihe ist hier breiter als vor dem Landeshaus. Mit einer Reduktion des Grünstreifens wäre es hier möglich, eine explizite Rechtsabbiegerspur zu realisieren, während zwei MIV-Geradeausspuren und die Umweltspur erhalten bleiben. Die Rechtsabbieger-Spur kann dann getrennt signalisiert werden – beispielsweise gleichzeitig mit dem Rechtsabbieger von der Allee auf den Ring.

Anhand erster Schätzungen, basierend auf den gezeigten Satellitenbildern, ist diese Erweiterung möglich, ohne in den Baumbestand eingreifen zu müssen.

Vorteile

  • Die separat signalisierte Rechtsabbieger-Spur verhindert gefährliche Situationen
  • Zwei Geradeaus-Spuren in Richtung Bahnhof bleiben erhalten
  • An der Kreuzung existiert kein Linksabbieger, der den Geradeausverkehr beeinträchtigen kann.

Nachteile

  • Eingriff in den Grünstreifen notwendig (vmtl aber ohne Auswirkungen auf die Bäume)
  • Durch die Bauphase die vermutlich längste Umsetzungsdauer und teuerste Variante

Option E: Partielle Aufgabe der Umweltspur II

Option E: Die Umweltspur zwischen Am Landeshaus und Biebricher Allee wird unterbrochen. Rechtsabbiegen dann an der Biebricher Allee direkt; am Landeshaus bleibt Rechtsabbiegen untersagt.

Blau: Umweltspur. Grau: MIV-Spuren. Hellgrau: Nicht mehr benötigte Spur. Gelb: Veränderte Spurführung.

Auch in dieser Variante wird der Rechtsabbieger an die Kreuzung Biebricher Allee verlegt – diesmal ist aber keine weitere Fahrspur auf Kosten des Grünstreifens notwendig. Alternativ wird die Umweltspur zwischen „Am Landeshaus“ und der Biebricher Allee unterbrochen. Die Straße „Am Landeshaus“ würde damit de facto zur Einbahnstraße stadteinwärts.

Vorteile

  • Es verbleiben zwei geradeaus-Spuren auf dem 1. Ring ohne Eingriff in die Grünfläche.
  • Die Konflikte beim Einfädeln in die Spur sind geringer als bei Variante A, da es keine gleichzeitig nebeneinander auf den Ring einbiegenden Busse und Autos aus der Moritzstraße gibt.

Nachteile

  • Die Umweltspur wäre nicht mehr durchgehend.
  • Eine Busschleuse, die es den Bussen (in Richtung Bahnhofstraße) ermöglicht, auf die linke Spur zu wechseln, ist an der Kreuzung Biebricher Allee nicht mehr möglich. Diese müsste dann bereits am Landeshaus installiert werden.

Dieser Artikel wurde am 27. September 2020 ursprünglich auf den Seiten der Bürgerinitiative Pro CityBahn e.V. veröffentlicht.

Update: 03. November 2020

Die fünf Optionen dieses Artikels haben es in einen Antrag der Wiesbadener SPD zum Verkehrsausschuss (Sitzung: 03. November 2020, Antrag 20-F-01-0012 vom 27. Oktober 2020).

Update: 05. November 2020

Der Antrag der SPD wurde in der Sitzung des Verkehrsausschusses am 05. November diskutiert, Option D ging im Antrag der CDU auf und wurde einstimmig angenommen. Der Wiesbadener Kurier berichtete über die Sitzung (Wegen Umweltspur: Verkehrsausschuss kritisiert Stadt scharf, 09. November 2020)

Update: 15. Oktober 2022

Wie der Kurier berichtet, hat eine externe Untersuchung die Machbarkeit der Option D bestätigt. Die Bauarbeiten sollen allerdings erst geplant werden, wenn die Salzbachtalbrücke wieder steht – die derzeitige Belastung des 1. Ringes sei derart hoch, dass weitere Baustellen nicht verantwortbar seien. (So schnell keine Rechtsabbiegemöglichkeit vom Landeshaus, 25. Oktober 2022)

Kategorien: 1. Ring

mathias

Aufgewachsen in Berlin, seit über einem Jahrzehnt Wahl-Wiesbadener. Eigentlich Nordost, im Herzen aber Westend. Regelmäßiger Radler und Carsharing-Nutzer, (zu häufig) auch E-Scooter. Ehem. Verkehrsplaner (SGV). Faible für Daten, Karten und Grafiken.

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