Während einige Stadtpolitiker während des derzeitigen Verkehrsgaus die partielle oder komplette Freigabe der Umweltspuren fordern, beweisen diese gerade jetzt, dass Sie genau das erreichen, was sie sollen: Einen zuverlässigen Busverkehr trotz schwieriger Verkehrsverhältnisse.
Schon am Montag zeigte ein Blick auf die Ist-Fahrtzeiten (bspw. auf der Homepage des RMV): Einige Buslinien sind massiv betroffen, während andere weitestgehend unbeeindruckt weiterfuhren. Im direkten Vergleich zweier Linien wird der Unterschied offensichtlich: Die 1 fährt zuverlässig, die 4/14 hat praktisch schon aufgegeben.
Zur Verkehrssituation am Montag haben wir in einem separaten Artikel die Live-Verkehrslage von GoogleMaps für den gesamten Tag als Video aufbereitet.
- Von der Momentaufnahme zum empirischen Nachweis
- Linien über die Mainzer Straße
- Linien über die Biebricher Allee
- Linien über den 1. Ring (Umweltspur)
- Sonstige Linien
- Linie 5
- Linie 16
- Linie 23
Dabei führen die Routen sowohl der 1 als auch der 4/14 über stark verstopften Straßenabschnitte – konkret an diesem morgen über die Biebricher Allee (v.a. Richtung Biebrich) [4/14] und über den 1. Ring [Linie 1]. Dennoch sind die Auswirkungen sehr unterschiedlich – von unbeeindruckt bis kollaps. Der Unterschied ist: Die Linie 1 verfügt über durchgehende Busspuren (Umweltspuren) – die 4/14 nicht.
Von der Momentaufnahme zum empirischen Nachweis
Doch lässt sich das, was oben als Momentaufnahme schon durchschimmerte, auch systematisch – also über mehr Linien, über einen längeren Zeitraum – kurzum: Mit mehr empirischen Ist-Daten, nachweisen? Die Kurze Antwort: Ja. Die lange Antwort folgt.
Mit Umwelt-/Busspur
Ohne Bus-/Umweltspur
Dazu betrachten wir mehrere Buslinien, die sich zu vier Clustern zusammenfassen lassen:
- Buslinien mit Halt am Hauptbahnhof mit Route über den 1. Ring (Umweltspur) [Linie 1]
- Buslinien mit Halt am Hauptbahnhof mit Route auf der Achse Biebricher Allee [Linien 4, 14]
- Buslinien mit Halt am Hauptbahnhof mit Route über die Mainzer Straße [Linien 3, 6]
- Buslinien, die die Innenstadt in Ost-West-Richtung kreuzen und keine der genannten Routen nehmen. [Linien 5, 16, 23].
Grundlage sind die Ist-Abfahrtsverspätungen der Busfahrten,1Der Großteil, wenngleich nicht alle Busse liefern ihre Ist-Position und damit Ist-Abfahrtszeiten. Besonders die Mainzer Busse und die Überlandlinien sind da nicht vollständig erfasst. beginnend Freitag, dem 19. Juni, 00:00 Uhr bis Montag, 21. Juni, 20:00 Uhr. Die Vollsperrung infolge des Brückenschadens (Freitag gegen 18 Uhr) liegt damit mitten im Erfassungszeitraum. Messpunkt ist - außer für die Linien 5 und 23 - der Wiesbadener Hauptbahnhof: das Epizentrum des Verkehrschaos.
Linien über die Mainzer Straße
Die Buslinien 3 und 6 waren mit ihrem Laufweg über die Mainzer Straße am direktesten von der Vollsperrung betroffen. und wurden im abflauenden Berufsverkehr am Freitag Abend voll erwischt. Die Linien werden nun umgeleitet über zum Teil deutlich weitere Strecken.
Beide Linien zeigen ab Freitag, 18 Uhr, einen deutlichen Anstieg der Verspätungen. Durch den Umweg der Umleitung fuhren die Busse auch am Wochenende einige Minuten verspätet. Der montagliche Berufsverkehr und der massive Stau auf dem 2. Ring in Richtung Biebricher Allee sowie in der Gegenrichtung auf der A66 (die Umleitungsstrecken) zu anhaltenden Behinderungen des Busverkehrs. So hatten die Busse der Linie 3 von morgens bis abends im Durchschnitt knapp 40 Minuten Verspätung. Die Busse der Linie 6 liefern seit Montag keine Live-Daten mehr - die Ursache ist mir nicht bekannt - ob es technische Probleme gibt oder einen Zusammenhang zum Streik der Mainzer MVG (der auch die Fahrten der Linie 6 betrifft) kann ich nicht beurteilen.
Linien über die Biebricher Allee
Die massiven Staus auf der Biebricher Allee, vor allem ab Montag in Richtung Biebrich, haben die Busse kalt erwischt. Die Biebricher Allee musste neben ihrem eigentlichen Verkehrsaufkommen zusätzlich viele Fahrzeuge aufnehmen, die sich statt auf der A66 nun über den 2. Ring und die Biebricher Allee nach Westen wälzten - beziehungsweise über die Biebricher Allee und die Kasteler Straße nach Osten. Die Schwachstellen dieser Routen (zwei Linksabbieger) haben wir bereits analysiert.
Während die Busse der Linien 4 und 14 am Freitag und übers Wochenende noch gut durchkamen, setzten mit dem Berufsverkehr am Montag morgen die massiven Verspätungen ein. Die Biebricher Allee verfügt über keine Busspuren - und ist gleichzeitig die Hauptverbindung für die Busse nach Biebrich und auch zum (noch bedienten) Bahnhof Biebrich mitsamt seiner Züge nach Frankfurt.
Linien über den 1. Ring (Umweltspur)
Obwohl sich der Rückstau auf der Biebricher Allee auch auf beide Richtungen des 1. Rings fortpflanzte, ergibt sich hier ein deutlich anderes Bild: Weder die Buslinie 8, die zwischen Hauptbahnhof und der Schiersteiner Straße den 1. Ring nutzt, noch die Linie 1 (1. Ring auf der gesamten Länge) zeigen nennenswerte Ausschläge in den Verspätungen. Nicht am Freitag, nicht am Wochenende, auch nicht am Montag.
Dass die Busse trotz der enormen Verkehrsbelastung auf dem 1. Ring stabil ihren Fahrplan einhielten, hat einen Grund: Die durchgehende Umweltspur.
Sonstige Linien
Zur Validierung der Ergebnisse seien auch weitere Buslinien, die nicht über die geschilderten Routen führen, dargestellt.
Linie 5
Die Linie 5 durchkreuzt die Stadt ein Mal in Ost-West-Richtung. Ihre Route führt von Erbenheim über die Berliner Straße, die Frankfurter Straße, die Innenstadt und die Schiersteiner Straße nach Schierstein.
Auch diese Linie zeigt sich weitgehend unbeeindruckt - in der Innenstadt und der Schiersteiner Straße hat sie Busspuren zur Verfügung. Die Berliner Straße ist zumindest partiell be-busspurt. Lediglich Am Montag Nachmittag nimmt die Verspätung zu - vermutlich infolge des Staus auf der Frankfurter Straße.
Linie 16
Ein ähnliches Bild zeichnet die Linie 16 - die vom Südfriedhof partiell über den 1. Ring und die Innenstadt nach Rambach fährt. Erste signifikante Verspätung treten hier erst Montag Nachmittag auf. Da die Oranien- und Moritzstraße weitgehend frei waren, liegen diese vermutlich im 1. Ring zwischen Berliner Straße und Hauptbahnhof begründet.
Linie 23
Ebenfalls von Ost nach West kreuzt die Linie 23 - über Dotzheim und die Dotzheimer Straße durch die Innenstadt und über die Bierstädter Straße in den gleichnamigen Stadtteil. Die Bierstädter Straße verfügt zumindest partiell über einseitige Busspuren; die Dotzheimer Straße zeigte sich mit Blick auf die Verkehrslage im Tagesverlauf eher entspannt.
Sehr gut, dass jemand die Ebene der Meinungen und Mutmassungen verlässt und eine Analyse aufgrund der empirischen Daten betreibt. Visuelle Analyse ist etwas stumpf, aber viel besser als gar keine. Danke, Mathias!
Im übrigen zeigt sich mit dem allerneuesten Beschluss, die Salzbachtalbrücke zu sprengen, ein vorläufiger Tiefpunkt der Vernachlässigung von Infrastruktur im allgemeinen und Autostrassenverkehr im Besonderen. 5 Jahre lang repariert und nun wird doch neu gebaut. Dass der Brückenneubau in einem Jahr fertig sein soll, glaube ich keine Sekunde. Alle Erfahrungen mit Schiersteine Brücke und anderen Großprojekten der Region spricht völlig dagegen. Gute Nacht, Wiesbadener!
Hi,
ich bin offen für kreativere Ideen der Visualisierung 🙂
[…] auf dem Ring spürbar. Ebenfalls gesperrt sind die Umweltspuren auf diesen Abschnitten – eigentlich Garanten für zuverlässige Busse, auch bei schwierigen […]